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14. Oktober 2022 | Mit seiner Veröffentlichung am 06. Mai 2021 hat der Berliner Mietspiegel vielfach Kritik erfahren. So sei dieser unter anderem rechtlich angreifbar und nicht qualifiziert. Ein genauer Blick hierauf.

Was ist ein Mietspiegel?

Der Mietspiegel gibt Aufschluss über das Mietpreisniveau eines Ortes. Dies erfolgt über eine Tabelle, welche die ortsüblichen Mieten als Preise pro Quadratmeter für Wohnungen ähnlicher Beschaffenheit und Größe abbildet. Dabei wird allein die „Netto-Kaltmiete“ ausgewiesen, also die Miete ohne alle Betriebskosten (§ 556 I BGB).

Worin unterscheiden sich der einfache und der qualifizierte Mietspiegel?

Der einfache Mietspiegel ist in § 558c BGB geregelt. Gemäß § 558c I BGB informiert dieser über die angemessene Miethöhe für einen bestimmten Ort, welche jedoch nicht rechtlich bindend ist. Der einfache Mietspiegel kann daher vor Gericht als Beweis abgelehnt werden.
Aufwändiger ist der qualifizierte Mietspiegel (§ 558d BGB), welcher nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt, somit nach 2 Jahren ab seiner Veröffentlichung an die aktuelle Marktentwicklung angepasst werden muss. Nach 4 Jahren ist er komplett neu aufzustellen. Im Unterschied zum einfachen Mietspiegel muss der qualifizierte Mietspiegel bei Mieterhöhungen Berücksichtigung finden und ist im Gericht als Beweis zugelassen. Gilt ein solcher qualifizierter Mietspiegel, darf die Miete bei Neuvermietungen maximal um 20% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Das sieht anders aus, falls am Ort eine sog. Mietpreisbremse gilt, denn durch eine solche darf die Miethöhe die ortsübliche Vergleichsmiete um maximal 10% überschreiten.

Wie wird die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt?

Für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete werden gem. § 558 II BGB die üblichen Preise berücksichtigt, welche in der Gemeinde für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten sechs Jahren vereinbart worden sind. Zusätzlich werden im Mietspiegel sog. Mietspannen veröffentlicht, welche mögliche Abweichungen von der Durchschnittsmiete abbilden. Diese sollen als Orientierungshilfe bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete dienen. Eine solche Abweichung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn bestimmte wertmindernde oder werterhöhende Merkmale vorliegen, welche ebenfalls im Mietspiegel aufgelistet sind.

Für welche Wohnungen gilt der Mietspiegel?

Der Mietspiegel gilt jedoch nicht für alle Wohnungen. So gilt der Mietspiegel beispielsweise nicht für Wohnungen, bei denen eine Mieterhöhung vertraglich ausgeschlossen wurde oder für Wohnungen mit einer Mietpreisbindung (Sozialwohnungen, geförderte Wohnungen).

Warum steht der Berliner Mietspiegel 2021 in Kritik?

Der Berliner Senat hat den Berliner Mietspiegel 2021 als „qualifizierten Mietspiegel“ veröffentlicht (siehe Mietspiegelbroschüre 2021). Der Mietspiegel 2021 wurde nach eigener Auskunft dadurch erstellt, dass der Mietspiegel 2019 unter Berücksichtigung des Preisindexes fortgeschrieben, der Mietspiegel 2021 demnach nicht neu erstellt wurde. Kritisiert wird hier, dass bereits der Mietspiegel 2019 seinerseits nicht neu erstellt wurde, sondern eine Fortschreibung des Mietspiegels 2017 darstellt. Damit ist die erforderliche „Neuerstellung“ des Mietspiegels nach 4 Jahren nicht eingetreten, der Mietspiegel 2021 genüge daher nicht den „anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ (§ 558d BGB).

Teilweise wird auch angenommen, dass der Berliner Mietspiegel 2021 kein einfacher, also überhaupt kein Mietspiegel sei. Begründet wird dies damit, dass ein Mietspiegel immer nur dann vorliegt, wenn er eine „Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete“ enthält. Eine solche liegt wie weiter oben beschrieben erst dann vor, wenn für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete die üblichen Entgelte der letzten sechs Jahre berücksichtigt wurden (§ 558 II BGB). Dieses Erfordernis besteht aber erst seit dem 01.01.2021. Bis zum 31.12.2020 galt dagegen, dass die letzten 4 Jahre vor der Erstellung eines Mietspiegels maßgeblich sind. Der Mietspiegel 2019 wurde demnach nur unter Berücksichtigung der letzten vier Jahre für die Vergleichsmieten erstellt. Da der Mietspiegel 2021 eine Fortschreibung des Mietspiegels 2019 darstellt, wurden für den Mietspiegel 2021 ebenfalls nur die letzten vier Jahre berücksichtigt.

Aus diesen Gründen hat auch das AG Spandau in seinem Urteil vom 10.01.2022 dem Mieterhöhungsverlangen des Klägers nicht stattgeben und in seiner Begründung ausgeführt, dass der Mietspiegel 2021 für die Begründung einer Mieterhöhung nicht genügt und dieser „weder die Voraussetzungen des § 558d BGB noch diejenigen des § 558c BGB erfüllt.“ (AG-Spandau-6-C-395-21-1)

Dem widerspricht eine Mietberufungskammer des Landgerichts Berlin in seiner Entscheidung vom 24.05.2022, nach welcher der Berliner Mietspiegel 2021 die Voraussetzungen eines „einfachen Mietspiegels“ (§ 558c I BGB) erfüllt und damit eine „geeignete Grundlage für die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete“ sei (LG Berlin ZK 65 S 189/21).

Auch die Zivilkammer 67 entschied über den Berliner Mietspiegel 2021. So sei der Mietspiegel zwar ein formwirksames Begründungsmittel, jedoch kein einfacher oder qualifizierter Mietspiegel im Sinne der §§ 558c, 558d BGB. (LG Berlin ZK 67 S 50/22)

Schlusswort

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass noch keine Einigkeit über die rechtliche Bewertung des Berliner Mietspiegels 2021 besteht. Während das Amtsgericht Spandau die Meinung teilt, der Berliner Mietspiegel 2021 erfülle weder die Voraussetzungen eines einfachen, noch die eines qualifizierten Mietspiegels, hält die 65. Zivilkammer den Berliner Mietspiegel 2021 für einen einfachen Mietspiegel im Sinne des § 558c BGB, die 67. Zivilkammer dagegen für ein formal wirksames Begründungsmittel. Demnach kann der Berliner Mietspiegel 2021 für ein Mieterhöhungsverlangen als Beweisgrundlage in Anspruch genommen werden. Ob dieser dann als Beweis durchgeht, hängt letztendlich von der rechtlichen Auffassung des Gerichts ab.

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